ES GEHT IMMER AUCH ANDERS.
THOMAS MANN

PHILOSOPHIE DER GSbG

Die zentralen Erkenntnisse der GSbG aus dem Spiel der Kräfte im deutschen Gesundheitswesen sind

  • Leistungswettbewerb durch Preissysteme
  • Wirkungsweise von Fallpauschalsystemen
  • Weitgehendes Politikversagen mit konsequenter Finanzkrise
  • Nur eigene Tragerschaft überzeugt

Für diese Erkenntnisse stehen insgesamt drei Grundsätze, die in den folgenden Grafiken kurz erläutert werden.

Kreislauf des Leistungswettbewerbes:
Über eine Erhöhung der Leistungsqualität, wie sie über Investitionen, innovative Behandlungen oder auch Kooperationen für den Patienten erfahrbar werden, erhöhen sich die Fallzahlen (eines Krankenhauses bzw. einer –abteilung, gilt für jeden Leistungsträger). Eine höhere Fallzahl bedingt betriebswirtschaftlich eine Effizienzsteigerung, da insbesondere die Fixkosten auf eine höhere Fallzahl verteilt werden. Es resultiert eine Fallkostensenkung mit erwirtschafteten Überschüssen, die im System der Kranken(haus)versorgung wieder investiert werden können (beispielsweise über Preissenkungen den Kostenträgern gegenüber, aber auch in weitere Investitionen für eine verbesserte Behandlung der Patienten). Die Leistungsqualität erhöht sich so schrittweise.

LEISTUNGSWETTBEWERB DURCH PREISSYSTEME

WIRKUNGSWEISE VON FALLPAUSCHALSYSTEMEN

Diese Grafik erläutert die Wirkungsweise von Fallpauschal- bzw. Preissystemen im Verhältnis zu Abschlagszahlungen über Pflegesätze. Die Kostenkurve verläuft aufgrund der anfänglich hohen Kosten (Diagnostik/Operation) degressiv und schneidet die Erlöskurve im Pflegesatzsystem bei einer Verweildauer von 17,4 Tagen im dargestellten Beispiel. Da die Erlöskurve wegen der Vergütung über tagesgleiche Pflegesätze linear steigend und daher abhängig von der Verweildauer ist, liegt der Anreiz darin, den Patienten mindestens bis zum Break-Even-Punkt im Krankenhaus zu behalten, um kostendeckend zu sein. Wird eine Gewinnsituation angestrebt, so müssen die Patienten noch länger im Krankenhaus verbleiben. Das Pflegesatzsystem induziert damit Überkapazitäten und nicht medizinisch bedingte Verweildauern. Die Erlöskurve der Fallpauschale ist dagegen konstant und somit unabhängig von der Verweildauer – hier wird der Break-Even-Punkt beispielsweise schon nach 5 Tagen erreicht. Das Krankenhaus unterliegt jetzt dem Anreiz, die nicht medizinisch bedingten Pflegetage zu senken. Aus diesem Mechanismus entstehen drei wesentliche Effekte: Preiseffekt (1) und Kapazitätseffekt (2; im Beispiel -12,4 Tage) bei Senkung der Kosten (3; im Beispiel um 29,7 %).

Im Sinne der Leistungsqualität, die sowohl Patienten, einweisende Ärzte, andere Leistungserbringer als auch die Kostenträger überzeugen muß, kann sich langfristig keine zu kurze Liegezeit entwickeln. Zu geringe Liegezeiten bzw. frühzeitige Entlassungen werden vom Patienten als schlechte Behandlungsqualität mit Verzögerung der Heilung erlebt - der Patient wird weitere Behandlungen in dieser Klinik vermeiden und wirkt als unzufriedener Multiplikator. Die Fallzahl dieser Klinik würde sinken und somit wirkt der Kreislauf des Leistungswettbewerbes negativ. 

POLITIKVERSAGEN FÜHRT ZUR FINANZKRISE

Bei Einführung eines ausschließlichen Entgelt- bzw. Preissystems für alle Krankenhausfälle verringern sich in Deutschland (vorher: Pflegesatzsystem) die Verweildauern. Dies führt zu „freistehenden Betten“ (Überkapazitäten), denen aus betriebswirtschaftlicher Sicht das Krankenhausmanagement entgegengewirkt: Es können Fallzahlerhöhungen (auch durch „Abwerbungen“) angestrebt werden, neue Behandlungsfelder vor allem im konservativen Bereich werden gesucht. Faktisch wird damit die Krankenhausplanung eines Landes außer Kraft gesetzt. Fallzahlerhöhungen und neue Behandlungsfelder verursachen einen Kostenschub im Krankenhausbereich, da die Kostenträger durch den Kontrahierungszwang (noch) an alle Leistungserbringer gebunden sind. Eine Finanzkrise der GKV ist über die Einnahmenskrise hinaus programmiert.

In der Konsequenz muss die Krankenhausplanung zum Finanzierungssystem der Krankenhausleistungen kompatibel sein, zunehmend auch zum Vertragssystem. Oder allgemeiner formuliert: Jede Versorgungsplanung sollte aus Sicherstellungsgründen kompatibel zum Finanzierungs- und Vertragssystem sein. Aufgrund der Innovationskraft des Leistungswettbewerbs dürfen nicht einzelne Plangrößen für akutstationäre Leistungsanbieter festgeschrieben werden. Statt dessen ist eine den Wettbewerb strukturierende Rahmenplanung zu entwickeln, die den indikationsbezogenen Leistungsbedarf für Versorgungsregionen ausweist. Das Land mit seinen Kommunen trägt die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung (Sicherstellungsauftrag), so dass der ausgewiesene regionale Leistungsbedarf durch die akutstationären Leistungsanbieter über Versorgungsverträge mit den Kostenträgern abgedeckt werden sollte. Integrierte Versorgungsverträge zur sektorenübergreifenden Leistungserbringung stützen die Forderung nach Rahmenvereinbarungen.

Zur Unterstützung von Entscheidungsträgern in Politik wie in Unternehmen hat die GSbG Datenbanksysteme aufgebaut, die datenbasiert alternative Zukunftsszenarien darstellen. Interventionen, Fortschreibung von Bestehendem oder auch Unterlassungen können in ihren konkreten Auswirkungen auf die Patientenversorgung und zukünftigen Ausgaben wissenschaftlich aufgezeigt werden. Dies ist eine datenbasierte Grundlage, um die unterschiedlichsten Zukunftsfragen zu lösen.

Datenbasierte Zukunftsszenarien